"Wir wurden einfach niedergeschrien"

Der Karl-Hermann-Flach-Disput 2017 über Globalisierung und neuen Protektionismus
Nachricht08.03.2017Kamran Rostam
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v.l.n.r.: Dr. Stefan Ruppert, Fabian Wendenburg, Lisa Nienhaus und Jasper BarenbergKarl-Hermann-Flach-Stiftung

Trump, TTIP, Transatlantik - Diese drei Schlagworten strapazieren seit einiger Zeit die Nerven. Mit dem neuen US-Präsidenten wird eines sehr deutlich: Protektionismus und auch politische Abschottung stellen die Europäische Union und Deutschland vor schwierigen Herausforderungen. Unsere Vorstellungen von freiem Handel, kooperativer Politik und einer gemeinsamen westlichen Welt werden mittlerweile hinterfragt wie seit Jahrzenten nicht mehr.

"Abschottung? Protektionismus? Wende in der Globalisierung?"
Über 180 Besucher füllten den weißen Saal im Schloss Bad Homburg bis auf den letzten Platz, als Moderator Jasper Barenberg mit den drei Podiumsgästen des Karl-Hermann-Flach-Disputs 2017 in das Gespräch einstieg. Gekonnt beleuchtete der Deutschlandfunk-Journalist die verschiedenen Dimensionen des Phänomens Donald Trump und nutze dabei auch die unterschiedlichen persönlichen Hintergründe der Diskutanten.

FDP-Landesvorsitzender Dr. Stefan Ruppert vermittelte das Thema Handelsbarrieren zuerst aus seinem beruflichen Hintergrund. Als Mitglied der Geschäftsleitung der B. Braun Melsungen AG zeigte er auf, welche drastischen Absatzprobleme für den Hersteller durch neue Strafzölle entstünden. Über den bereits jetzt schon hohen Regulierungsstand im Medizinprodukte-Bereich hinaus, wäre der Export in die USA für ein Großteil der Produkte dann so gut wie unrentabel.

Als Wirtschaftsjournalistin (DIE ZEIT) erinnerte Lisa Nienhaus an die hohe Ablehnung von Freihandel gerade auch in Deutschland. In vielen persönlichen Gesprächen habe Sie erkannt, das bei TTIP- und CETA-Gegnern oft jede Kompromissfähigkeit verloren gegangen sei. Statt sachlicher Kritik und Debatte über diese beiden Handelsverträge, herrsche fast nur noch Fundamentalablehnung.
"Wir wurden einfach niedergeschrien", so Stefan Ruppert in dem Zusammenhang über den verhinderten Versuch einer Gegendemonstration in Frankfurt, bei dem die Polizei kapitulierte und die Sicherheit der FDP-Demonstranten nicht mehr schützen konnte.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) engagiert sich im Interesse seiner Mitglieder ganz besonders für bessere Handelsbeziehungen. Fabian Wendenburg, stellv. Abteilungsleiter Außenwirtschaftspolitik, erläuterte die vielen möglichen Kommunikationskanäle in den transatlantischen Beziehungen. Gerade auf Ebene des Senats und auch der vielen politisch aktiven Stiftungen in den USA gäbe es Gesprächspartner, welche die Bedeutung der sehr breiten Handelsbeziehungen zwischen USA und EU kennen und auch verteidigen.

Die hohe Verpflechtung der USA in bestehenden Handelsbündnissen zeige, wie negativ sich ein rigoroser Protektionismus mindestens mittelfristig für die amerikanische Wirtschaft und Arbeitsmarktlage auswirke. Dies alles relativiere die politischen Aussichten von Trumps-Rhetorik gegen Freihandel wieder.

Mit interessierten Fragen zu Themen wie TTIP, postfaktischer Politik und Rechtspopulismus brachte sich das auch Publikum in den Karl-Hermann-Flach-Disput ein, welcher bei einem abschließenden Stehempfang und vielen persönlichen Gesprächen endete.